Karl-Theodor zu Guttenberg, sonst eher als "Teflon"-Politiker (an dem nichts hängen bleibt) bekannt, sorgte in seiner Zeit als Wirtschaftsminister für einen mittleren Skandal. Sein
"Gesetz zur Ergänzung des Kreditwesengesetzes" trug den Briefkopf einer bekannten Großkanzlei. Die Öffentlichkeit empörte, dass sich das Ministerium einfach ein Gesetz "bestellt". Noch dazu bei einer Kanzlei, die dann später die betroffenen Banken berät. Anlass genug für das
Institut für Gesetzgebung und Verfassung (IGV) der Humboldt-Universität zu Berlin, seine Arbeit mit dem Thema
"Gesetzgebungsoutsourcing – Gesetzgebung durch Rechtsanwälte? " aufzunehmen.
"Juristen feiern, indem sie arbeiten" – mit diesen Worten eröffnete der Leiter
Prof. Kloepfer die Tagung in der neuen Zentralbibliothek der HU. Die Arbeit bestand dann aus zwei Teilen.
Zunächst wurde das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet: Von der verfassungs- und berufsrechtlichen
Zulässigkeit über die politische
Klugheit bis hin zur ökonomischen
Sinnhaftigkeit für den Steuerzahler -und die Kanzleien- wurden die meisten Fragen angesprochen. Die Referenten kamen dabei aus allen beteiligten Gruppen: Für die Ministerien sprach der Parlamentarische Staatssekretär
Max Stadler, für den Bundestag Ministerialdirektor
Horst Risse, der Bund der Steuerzahler war durch den Vorsitzenden
Karl Heinz Däke vertreten, für die Anwaltschaft sprach der Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer
Axel Filges und den wissenschaftlichen Unterbau lieferten
Kai v. Lewinski (HU Berlin)
und Matthias Rossi (Uni Augsburg).
Im
zweiten Teil präsentierten dann die verantwortlichen Partner von
White&Case,
Linklaters,
Raue,
Freshfields sowie
Eggers Malmendier verschiedene Fallstudien, darunter das anlassgebende KWG-Gesetz sowie das Finanzmarktstabilisierungsgesetz.
Überraschend schnell stand das gemeinsame
Fazit der Referenten fest:
Transparenz. Rechtlich sei die Auslagerung (nur) der Entwurfsarbeit durchaus zulässig, sofern sie eine Ausnahme bleibe. Zudem müssten die entsprechend legitimierten Gremien, also Ministerien, Bundestag und –rat, die intellektuelle "Federführung" behalten. Dazu müssten sie genaue Vorgaben machen und diese auch kontrollieren. Politisch sei sie problem¬atischer. In Anbetracht der hohen Kosten müsse die Beauftragung einer Kanzlei gerechtfertigt werden können, z.B. durch hohen Zeitdruck oder enorme Komplexität. Zudem müssten die Kanzleien sorgfältig ausgewählt werden, um schon den "bösen Schein" eines Interessenkonflikts zu vermeiden. Selbstverständlich dürften auch nur Kanzleien beauftragt werden, die der Veröffentlichung insbesondere ihres Honorars zustimmen.
Kritik gab es dabei wenig, jedenfalls keine grundsätzliche. Sofern sich die Beteiligten an die "Spielregeln" hielten, sei die "Beratung eines Mandanten" etwas ganz anderes als die Beeinflussung durch Lobbyisten. Zudem sei es allemal ehrlicher, als statt Gesetzen – wie bei der Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke – einfach einen Vertrag mit den Beteiligten zu schließen, der dann natürlich von einer Großkanzlei formuliert wird.
Im Bereich der
Fallstudien wurden interessante Einblicke in die Arbeitsweise der Kanzleien geboten. So mussten insbesondere beim Finanzmarktstabilisierungsgesetz viele Fragen aus den verschiedensten Rechtsgebieten buchstäblich "übers Wochenende" geklärt und entschieden werden. Das sei jedoch eher eine Ausnahme gewesen, normalerweise beteilige man sich eher an breiteren Expertenkreisen. Diese hielten dann auch immer enge Rücksprache mit ihrem jeweiligen Auftraggeber.
Zum
Abschluss sei noch angemerkt, dass sich die Erstellung eines Gesetzes für die beteiligten Anwälte wegen des enormen Aufwands materiell gesehen angeblich gar nicht lohnt. Jedoch profitiere man von einem sehr hohen Erkenntnisgewinn.
Den vollständigen Tagungsbericht gibt es hier, später dann auch mit Fotos der Referenten (sobald die Einverständniserkärungen dazu vorliegen)