Mittwoch, Februar 23, 2011

Einen Ehren-Plagiarius für Karl-Theodor zu Guttenberg


Eine E-Mail von mir an den Vorsitzenden des Vereins Aktion Plagiarius e.V., der jedes Jahr einen Preis für das dreisteste Produktplagiat verleiht.


Sehr geehrter Herr Professor Busse,

mit großem Interesse nehme ich jedes Jahr die Verleihung des „Plagiarius“ zur Kenntnis.

Jahr für Jahr werden dort die dreistesten Diebstähle geistigen Eigentums vorgestellt. Im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung wird das Bewusstsein für Industrieplagiate geweckt und wachgehalten. Der „Ideenklau“ ist dabei kein Kavaliersdelikt, der hierbei entstehende Schaden ist mindestens ebenso groß wie beim tatsächlichen Diebstahl von Sachen. Als Jura-Student mit wirtschaftsrechtlichem Schwerpunkt bin ich mir dessen wohl bewusst und begrüße die von Ihrem Verein gewählte Aktionsform sehr.

Der Plagiarius - mit diesem Preis werden jährlich die dreistesten Produktplagiate geehrt.


Da ich nun aber kein Unternehmer bin und damit die 250-300€ für den regulären Wettbewerb nicht als Gegen-/Werbemaßnahme verbuchen kann, möchte ich Ihnen vorschlagen, zusätzlich zum Wettbewerb eine Art „Ehren-“ oder „Publikums-Plagiarius“ zu vergeben an Menschen oder Unternehmen, die sich in besonderer Weise um die Problematik des „Ideenklaus“ verdient gemacht haben.

Für den zu schaffenden Sonderpreis möchte ich als geeigneten Kandidaten Herrn Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg vorschlagen. Der Verteidigungsminister hat für seine juristische Dissertation „in mühevoller Kleinarbeit“ Erkenntnisse anderer zusammengetragen und in eigenem Namen verwendet, angefangen bei Zeitungsartikeln, über Erstsemester-Hausarbeiten, wissenschaftliche Arbeiten bis hin zu Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. Derzeit gelten zwischen 20 und 70% der Arbeit als sicher nicht von ihm verfasst, wobei die Fehler von der Paraphrasierung ohne Fußnoten-Beleg bis hin zur seitenweisen Übernahme fremder Texte und sogar der (bewussten?) Verschleierung durch Anpassung von Jahreszahlen und Entfernen der Quellen reichen. Eine Übersicht aller (von Internetnutzern zusammengetragener) Plagiatsvorwürfe findet sich unter http://de.guttenplag.wikia.com/wiki/GuttenPlag_Wiki. Dort finden Sie auch Hinweise und Links zum medialen Echo.

Natürlich steht eine endgültige Bewertung durch die dafür zuständige Kommission der Universität Bayreuth noch aus. Je nach politischem Standpunkt ist auch die Bewertung von „schweren, aber verzeihlichen handwerklichen Fehlern“, von „Dummheiten“ bis hin zum „bewussten Plagiat“ und „geistigem Diebstahl“ möglich. Bis zur nächsten Verleihung des Preises dürfte diese Bewertung jedoch vorliegen. Selbst wenn nicht, muss dieser Bewertung gar nicht vorgegriffen werden. Preiswürdig macht die Dissertation von Herrn zu Guttenberg schon die Tatsache, dass sie eine so breit geführte mediale Debatte über den Schutz und den Respekt geistigen Eigentums angestoßen hat, inklusive einer aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag. Das gilt schon bei der Bewertung der Plagiate als „unbewusste Fehler“, qualifiziert man sie als „dreiste Täuschung“ umso mehr.

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie meine Anregung wohlwollend zur Kenntnis nehmen und mich über die Fortschritte diesbezüglich auf dem Laufenden halten können.

Mit freundlichen Grüßen aus Berlin in meine Heimatregion


Pascal Striebel



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