Sonntag, November 21, 2010

Ökonomische Analyse des Rechts

In der Legal Tribune Online findet sich ein Interview zum Thema "Ökonomische Analyse des Rechts" mit Dr. Emanuel V. Towfigh vom Max-Planck-Institut für Gemeinschaftsgüter.

Worum gehts?

Die Ökonomische Analyse des Rechts (ÖAR) ist eine bisher in Deutschland noch recht wenig verbreitete Methodik, rechtliche Wirkungsmechanismen zu untersuchen. Ausgehend von Erkenntnissen der Ökonomie, aber auch der Rechtssozioligie und der Psychologie wird beispielsweise untersucht, wie rechtliche Institutionen tatsächlich auf das (Wirtschaftsleben) wirken, sowie wie man das Rechtsgefüge "verbessern", also effizienter gestalten kann.

So kann man sich mit der Theorie der Verfügungsrechte befassen. Dabei geht man davon aus, dass wirtschaftliche Ressourcen (z.B. Wasser, Kohle, aber auch Weideflächen oder Jagdgebiete) begrenzt sind und spielt verschiedene Möglichkeiten der Nutzungsberechtigung durch. So kann die Weidefläche der Allgemeinheit gehören, oder nur der umliegende Gemeinde. Es kann auch Verfügungsbeschränkungen geben, wenn etwa die Bewohner nur eine beschränkte Anzahl Vieh auf die Weide schicken dürfen.
Oder es entwickelt sich Eigentum an der Weide, so dass ein Einzelner die Weide in gewissem Maße oder nach Belieben alleine nutzen und andere davon ausschließen kann (vgl. § 903 BGB).

Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Transaktionskostentheorie. Hierbei geht man im Gegensatz zur klassischen Ökonomie davon aus, dass der Markt nicht perfekt und kostenlos funktioniert, sondern jede Transaktion Kosten verursacht (z.B. um sich zu informieren, zu verhandeln, um dann Verträge aufzusetzen, deren Einhaltung zu überwachen und schlussendlich auch gegebenenfalls zwangsweise durchzusetzen). Hierbei kann man die Effizienz der staatlichen Mechanismen (wie z.B. Anwalts-/Notariats- oder Gerichtskosten) bzw die unterschiedliche Gestaltung von Verträgen untersuchen.

Die Prinzipal-Agenten-Theorie wird schließlich vor allem im Unternehmensrecht relevant. Hierbei befasst man sich mit den Problemen, die eine Stellvertretung auslöst. So beauftragt der Prinzipal (zum Beispiel eine Aktiengesellschaft) als Eigentümer einen Agenten (den Vorstand) damit, das Unternehmen zu leiten. Da sich die Ziele der Beteiligten (z.B. langfristiges Wohlergehen gegen kurzfristige Gewinnsteigerungen) sowie das Informationslevel der Beteiligten unterscheidet, muss man sichergehen, dass der Agent die Ziele seines Prinzipals verfolgt und nicht etwa eigene. In diesem Zusammenhang stehen dann zahlreiche Informations- und Kontrollrechte - z.B. des Aufsichtsrats (§ 111 AktG) oder der Hauptversammlung (§ 119 AktG) aber auch das Verbot der Selbstkontraktion des Vertreters nach § 181 BGB.

Was bringts?

Fürs Examen direkt erstmal nicht viel. Man kann mit dem erworbenen Wissen keine Fälle lösen. Daher sind Vorlesungen zur ÖAR oder der (Neuen) Institutionenökonomik bisher selten in den juristischen Lehrplänen zu finden; wenn dann meist nur als Wahlpflichtvorlesungen in einem wirtschaftsrechtlichen Schwerpunkt.

Wer jedoch etwas über den Tellerrand blicken will, sich für die Hintergründe rechtlicher Institutionen interessiert; wer wissen will, warum sie genau so und nicht anders gestaltet sind, wer wissen will, wie die gleichen Probleme in anderen Ländern angegangen werden, dem sei dieser Themenkomplex ans Herz gelegt.

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